Was macht die Jagd eigentlich aus? Wozu steht man nach wenigen Stunden Schlaf aus, rennt einen Tag schweisstreibend durch die Gegend und bildet seine Hunde in Fächern aus, die anstrengend und zeitraubend sind?
Jagd ist nicht Spass im eigentlichen Sinn und daher vielen Nichtjägern nur schwer begreiflich zu machen, oft wird der Nahrungserwerb als Grund genommen, warum man jagen geht. Es gibt viele weitere, aber darauf möchte ich gar nicht zu stark eingehen. Um eine solche freiwillige Arbeit aufzunehmen, denn Jagd als Hobby zu diffamieren ist nicht korrekt, es ist eine ehrenamtliche Arbeit, für die man sehr viel Geld bezahlt, muss man schon sehr passioniert sein.
Je länger ich nun den Jagdschein habe, umso mehr probiere ich aus. Anfangs war ich nur in unserem Revier jagen, ich liebe das Revier, in dem ich einen Begehungsschein habe. Es ist weder besonders gross, noch hat es einen besonderen Wildbesatz, aber es ist einfach schön. Mit seinem Wasserfall, den vielen Vögeln, wunderbar. Aber nicht nur unser Revier, auch unser Team ist grandios, meistens, ab und an gibts halt mal eine Auseinandersetzung - gehört dazu.
Nun mache ich meine ersten Schritte vor die heimatliche Tür und merke, es gibt so viel zu entdecken. Ich gehe gern auch einmal woanders jagen, die Frauenjagd war im Soonwald, ein weitläufiges Rotwildrevier, das nach deutscher Tradition mehrheitlich in Ansitzjagd bejagt wird.
Nun hatte ich dieses Wochenende das grosse Glück in der Schweiz ein Revier besuchen zu dürfen. Das Jagdsystem ist ganz anders, sogar das Ausbildungssystem, vermutlich viel traditioneller, als in Deutschland.
Als Jungjäger wird man von einem Lehrrevier ausgebildet, das dauert mindestens 2 Jahre, danach gibt es auch eine Prüfung. Auch das System in ein Revier aufgenommen zu werden ist anders, sehr viel politischer und mit einigen Ränkespielen verbunden.
Was an beiden Wochenenden aber ganz genau gleich war: Jäger sind unglaubliche Menschen. Letztes Wochenende fuhr mich eine Jägerin einfach so quer durch die halbe Republik zu einem Krankenhaus, weil ich mir etwas blöd die Hornhaut gerissen habe. Wir kannten uns nur wenige Stunden, aber für sie war es glasklar und ich war über die Massen dankbar und bin es immer noch.
Ich konnte im Soonwald zwei Bockkitze erlegen, das eine konnte ich mit Freya leicht finden, beim zweiten bekundete sie sehr grosse Mühe, der herbeigeeilten, schlauen Jägerin mit ihrer alpenländischen Dachsbracke musste ich nicht viel erklären, sie fand das Rehkitz. Es war sauber geschossen, lief aber noch wenige Meter in ein hohes Schilffeld, wo es unauffindbar war für mich.
Dieses Wochenende durfe ich, wie gesagt, in der Schweiz jagen. Ein Traum, Entenjagd und ich durte auch noch Freya mitbringen, wobei ich von Anfang an betonte, dass sie noch kein ausgebildeter Hund wäre. Aber nicht nur, dass ich mit meinem Hund Enten jagen durfte, nein, ich wurde in eine wunderbar quirlige Familie aufgenommen, wo ich mich von Anfang so fühlte, als würde ich dazugehören. Es war so unglaublich herzlich, lustig, spannend, .... und noch so viel mehr. Einfach toll, ich konnte bei beiden Jagden meinen Erfahrungshorizont unglaublich erweitern.
Vor beiden Jagden habe ich deutlich betont, dass ich Jungjägerin bin, im heimatlichen Revier wissen alle, dass ich die unerfahrenste Jägerin bin und trotzdem bekomme ich die Chance einfach mitzumachen. Ein Dorn im Auge einiger alter Jäger, aber unter den jüngeren Jägern mittlerweile gang und gäbe.
Ich wurde zweimal unglaublich freundlich willkommen geheissen, trotz meines etwas Hundchens, der nicht ganz einfach ist und noch viel Ausbildung braucht. Es sind diese Menschen, mit denen ich "meine" Jagdwerte teile, es war gar keine Frage, dass wir das Kitz so lang suchen, bis wir es gefunden haben, wir konnten eine Ente nicht auf Anhieb finden, anstatt an einen anderen Ort zu fahren, wie es manch anderer gemacht hätte, haben wir alles daran gegeben diese Ente zu finden.
Ich selbst würde mich als traditionelle Jägerin sehen, aber ich schätze die modernen Aspekte, die nun in die Jägerschaft hineingetragen werden. Es ist nicht mehr so steif, es wird mit Herz gejagt, Abschuss gehört zur Jagd dazu, sonst gibt es eben nichts zu essen, aber man lässt lieber den Finger gerade, wenn man nicht sicher ist. Die vermeintliche Geltgeiss, die wir auf der Pirsch sehen konnten, führte schlussendlich drei Kitze, die aber erst sichtbar wurden, nachdem die Geiss fortlief.
Jäger werden gern als schmerbäuchige, betrunkene Menschen dargestellt. Die meisten sind nicht mehr dick, aber Jäger sind Genussmenschen, es ist ein Genuss ein selbstgeschossenes Tier zu essen, weil man weiss, wie und wo es gelebt hat und wie es zu Tode gekommen ist. Meistens kann man sich auch die Frage nach dem warum beantworten.
So zeigen sich mir die wahren Werte der Jagd, ich habe die Menschen, denen ich während der letzten zwei Wochenenden begegnen durfte, nur via Facebook kennengelernt und bin einfach so in die Fremde gefahren und habe dort tolle Menschen kennengelernt, Erfahrungen machen dürfen, die ich nicht missen möchte. Würden wir untereinander alle so miteinander umgehen, dann hätten wir ein unglaubliches Potential.