Arschbart hat zugeschlagen

Liebe Leser,

ich freue mich ungemein euch heute hier einen Erfahrungsbericht der jungen Jägerin Alica über ein Gattertraining mit ihrem Drahthaar vorstellen zu dürfen. Auf Facebook berichtet sie immer wieder über ihre beiden Hunde Arschbart, einer Deutsch Drahthaar-Dame, und Arschnäsi, einer Beagle-Hünding.

Viel Spass beim lesen!


Arschbart hat zugeschlagen

Von meinem Arschbart habt ihr ja schon ein paar Mal gelesen, ich hab mir jetzt zwei Tage überlegt, ob ich das hier schreiben soll, oder nicht. Ich tus jetzt. Sie ist ein Arschloch. Manchmal ein richtig verdammt grosses und am Wochenende hat sies wieder mal so richtig gezeigt, was in einem Arschbart stecken kann.

Hintergrund: Ja, ich jage mit meinen Hunden, ich jage wahnsinnig gern mit ihnen, ich liebe es, wenn sie anschlagen und loslassen, mir geht das Herz auf, wenn der Beagle quietschend durch den Wald fegt und Spass hat. Aber das Ganze wird eben sehr bald ziemlich ernst, sobald wehrhafte Tiere mit im Treiben sind, Wildschweine!


Deshalb empfinde ich es als wichtig, dass ich weiss, wie meine Hunde an diesen Tieren reagieren und auf was ich mich einstellen muss. Dafür geht man in ein Gatter, ein riesiges, eingezäuntes Gelände, das naturnah gestaltet ist. Brombeerdickungen, kleine Fichtenbestände, Suhlen und alles, was man im Wald findet, findet man auch dort.

Ein Sauenparadies.

Die Tiere sind gut gehalten und es gibt ganz klare Vorgaben, wann und wie die Hunde dort hinein dürfen. Die Tiere sind nicht gestresst, weil sie genau wissen, wie sie Hunde vereimern können.

Wir waren also am Sonntag, vor unseren grossen Drückjagen auf Schwarzwild - bisher waren wir nur auf Reh und Rotwild unterwegs - nochmal im Gatter. Nur mit dem Bart. Natürlich können die Leistungen an Wildsauen auch beurteilt und in den Stammbaum eingetragen werden, was schlussendlich aber auch für die Versicherung relevant ist. Es waren also auch zwei Richter anwesend und mein Bartierchen war eigentlich müde. Sie hat am Tag vorher gejagt und ich war mir eigentlich sicher, dass sie das ganz locker angehen würde.

Schon vor dem Gatter fing sie an zu singen und stramm zu stehen, kein gutes Zeichen für mich.

Die war auf 180 geladen.

Rein, da ich mit dem Richter drin war, durfte ich ihr nicht hinterher.


Schon an der ersten Hecke stand sie bombenfest vor, Frauchens Herz schlug schon das erste Mal bis zum Hals. Ein tiefes Grunzen, wie immer hatte meine Dame Recht. Sie stand und stand und schaute zurück, normalerweise komme ich immer, diesmal durfte ich nicht, es ging jetzt um ihre Leistung und da muss sie selbst dran.
Hasi sticht vor, die Sau verlässt das Brombeerdick und ich sehe den Gegner zum ersten Mal in voller Grösse, ein ziemliche grosse Bache mit ziemlich schlechter Laune, weil wir sie an diesem kalten Morgen aus ihrem Bettchen schmeissen.

Mein Puls ist auf 400, an so einer grossen Sau hab ich noch keinen meiner Hunde arbeiten sehen.

Die Sau trabt weg, grunzt unfreundlich und legt sich ins nächste Dickicht, Bartebär findet das ausgesprochen unhöflich und steht standlaut vor, versucht immer wieder die Sau auf die Läufe zu bringen, aber es ist eine erfahrene Sau, sie kennt Hunde und lässt mein Hündchen auflaufen.

Immer wieder Standlaut, immer frecher und immer böser wird mein Hundchen.

Insgeheim bewundere ich sie für ihren Ehrgeiz, das, was sie da zeigt, spricht für ihr grosses Herz für mich. Sie schaut immer wieder zurück.

Ja, Hasi, eigentlich würde ich jetzt an deiner Seite kämpfen. Aber du kannst das!

Hoffen, beten, bangen.

Sie kriegt die Sau hoch und dann gibt es kein halten mehr, meine Hündin triebt die Sau laut vor sich her, lässt nicht ab, schneidet ihr den Weg ab und lässt sie nicht mehr abliegen.

Gutes Mädchen.

Sie wird frech, will die Sau an der Schwarte packen...und es knallt, mein Hund steht auf einmal vor Sau und das Schwein ist echt nicht mehr nett.

Mein Herz, ich darf nicht eingreifen.

Barti ist schlau, sie kriegt die Kurve und ist wieder hinter dem Schwein. Der Richter gibt mir das Zeichen "Abrufen", Prüfung bestanden?

Ist mir gerade egal.

Ich will nur meinen Hund gesund wieder haben.

Aber die beiden Damen sind noch nicht fertig.

Die Sau liegt wieder in der Brombeerhecke, mein Drahti springt todesmutig hinein, meinen Pfiff galant überhörend - Du bist doch ein Arschloch, da sprechen wir noch drüber... - und fängt sich einen, kurzer Schrei vom Hund und sie kommt aus dem Dick raus.

Aber nicht etwa, um zu hören, sondern um direkt wieder hinein zu verschwinden!

Nochmal kracht es. Grunzen und blasen von der Sau, quietschen vom Hund.

Adrenalin ist ein gottverdammtes Arschloch, ich renne hin, schreie, pfeife, jetzt darf ich ja.

Die Hündin lässt ab. Widerwillig. Psychohase.

Ich nehme die Hündin an die Leine und schaue sie an, es fehlt ein bisschen Fell, bluten tut sie nicht.

Die Sau liegt in der Suhle und suhlt sich. Mal wieder einen Hund auflaufen lassen. Frisst ein bisschen Mais und läuft recht locker zwischen den Richtern durch und lässt sich vom Gattermeister streicheln, sie kennt ihren Job und lässt sich nachher noch ein wenig Studentenfutter reichen.

Gestresst ist sie nicht, ein bisschen angepisst vielleicht.

Was haben wir gelernt?

Sauen tun weh, sie sind verdammt schnell und verdammt clever.

Ich weiss, dass meine Hündin, wenn sie steht, es verdammt ernst meint und ich verdammt nochmal da stehen muss, wo sie ist. Sie meint es ernst, sie arbeitet für mich und mit mir, wartet auf mich.

Aber sie ist auch ein verdammtes Arschloch, wir müssen unbedingt nochmal den Gehorsam am Wild buchstabieren lernen, aber was will ich denn auch?

Ich bin auch die Selbstständigkeit meiner Hunde angewiesen in solchen Situationen. Ich weiss nun, dass sie mir den Arsch retten würde, denn sie hat Mut, manchmal ein bisschen viel Mut. Sie arbeitet so lang, wie sie es als wichtig erachtet.

Schlussendlich haben wir/hat sie die Prüfung zum Saujäger bestanden, sogar mit dem sogenannten Härtestrich, weil sie versucht hat die Sau zu packen.

Bin ich stolz darauf?

Nein. Ich habe wahnsinnig Respekt davor, dass ich so einen Hund an meiner Seite habe, denn ich habe die volle Verantwortung, dass sie Backup hat, das hat sie so deutlich gezeigt.


Ich bin froh darüber, dass wir das Ganze unter kontrollierten Bedingungen erleben konnten, dass erfahrene Hundeführer dabei waren, dass die Sau Menschen kennt und nicht blindlings auf alle losgeht, ich bin froh, dass es keine verletzte, böse Sau war.

Sie war einfach nur genervt.

Ich habe so viel über meinen Hund lernen können und nun kann ich mit diesen Erfahrungen in den wilden Wald hinaus gehen.

Sauenjagd ist wichtig, aber auch das Gefährlichste, was es so gibt!

Ich habe versucht uns bestmöglichst vorzubereiten und hoffe, dass wir unfallfrei durch den Herbst/Winter kommen.

Waidmannsheil, Alica Junker