Geschichten aus dem Jägerhaushalt

Also hallo erstmal, ich bin die Neue hier.

Wer ich bin und was ich mache?

Jagen, natürlich, im Berufsleben bin ich Lehrerin und habe daher viel Zeit, die ich mir selbst einteilen kann, ein echter Vorteil meines Jobs. Aber auch meine supermotivierten Kids sind immer wieder eine grosse Freude, Jagd ist immer ein Thema im Unterricht und es ist sehr spannend, wie unvoreingenommen Kinder darauf reagieren.


Um auch anständig jagen zu können, habe ich zwei sehr unanständige Jagdhunde, zwei Hündinnen. Rotzefrech, selbstbewusst, in den richtigen Situationen schon meist anständig, aber bei solch einer Besitzerin sind es natürlich keine Kirchenmädchen. Wir drei leben zusammen mit einem Weimaraner und dessen Herrchen. 

Und genau dort fängt das Dilemma an, denn der Herr an unserer Seite ist auch Jäger!

Das kommt jetzt nicht ganz überraschend, wer sonst könnte sich am Wochenende nichts schöneres vorstellen, als gemeinsam um 3 Uhr morgens an eine Hundeprüfung zu fahren?

Genau. Jäger sind ein sehr eigenes Völkchen und bleiben ganz gerne unter sich. 

Frau in einem Jägerhaushalt zu sein ist einigermassen anstrengend, anders als bei normalen Paaren kennen wir nicht vier Jahreszeiten, sondern abhängig von der bevorzugt bejagten Wildart zwischen sechs und sieben. Jede davon eine mehr oder weniger grosse haushalterische Katastrophe. 

Das Jahr beginnt bei uns locker lässig im Februar, Jagd vorbei, Halali und so, jetzt müssen die Hunde erstmal wieder auf Kurs gebracht werden, Unterordnung und Gehorsam. Man trifft sich also des Nachts auf matschigen Hundeplätzen, friert sich den Allerwertesten ab, um sich über den Hund aufzuregen, der viel lieber da hinten bei den Füchsen wäre, als hier auf dem Platz. Völlig vergessen sind Kommandos wie Sitz, Platz, Fuss, dafür ist der Apport gefestigt, schliesslich war man in der Jahreszeit vorher Enten jagen. Aber dazu später. Die matschigen Klamotten kann man umgehend vor oder direkt in der Waschmaschine lagern. Gar kein Problem.

Sobald die Tage wieder überwiegend aus Sonnenstunden bestehen, wird die ganze Sache hakeliger für die Frau des Hauses, denn bei zwei Vorstehhunden braucht man auch doppelt Schleppwild. Man findet also tote Tiere in diversen Gefrier- und Auftaustadien zwischen Gefriertruhe und Küche, besonders beliebt sind die Tage, an denen man das Auftauen vergessen hat, aber am allerliebsten noch den Fuchs, der schon dreimal aufgetaut war, mit ins Training nehmen möchte. Da werden dann abenteuerliche Konstruktionen vor dem Ofen gebaut und der Fuchs davor platziert. Mjam. Auf dass das Tier nun endlich auftauen täte, schliesslich sollte das Edeltier auf keinen Fall mit seinen Zähnen in diesen kalten Fuchs beissen müssen. Ich verstehe mein Drahthärchen ja bestens, wer möchte schon in einen kalten Fuchs beissen?!

Nebenbei beginnt im Mai die Bockjagd, das ist schon sehr klamottenintensiv, schliesslich hat man gefühlt zwischen -10 und +28 Grad alles dabei, ausserdem kriechen die Mücken wieder aus der Hölle hoch. Daraus resultiert ein übervoller Wäschekorb, der stark nach Antibrumm riecht, dessen klarer Vorteil jedoch daraus besteht, dass man keine Stecker oder dergleichen im Schlafzimmer mehr braucht.

Darauf folgt die Saujagd im Weizen, ein grosser Spass, wie ich letztes Jahr im Seminar bei Max Götzfried feststellen musste, im Haus verteilen sich Tarnkappen, Tarnhandschuhe, vorallem aber schwarze Jumpsuits, Leggins und Longshirts (ebenfalls mit Antibrumm, dieses Mal aber extreme und nicht mehr natur eingedieselt), der nichtjagdaffine Besucher könnte meinen, dass es sich um eine sehr bizarre erotische Leidenschaft handelt.

Nein!!! Das ist nur Tarnung. 

Dann endlich geht es ans Wasser mit den Hunden, schwierig, denn unsere Hunde schlafen alle auf dem Sofa, Edeltiere halt. Frau von Welt hat also vier verschiedene Sofadecken zur Hand, ausserdem mittlerweile alle Tricks auf Lager, mit denen man Flecken schnell aus dem Sofa kriegt. Nasse Hunde, besonders solche mit halblangem Fell, trocknen sich mit einem Frotteetuch zwar durchaus, aber stinken tun sie trotzdem. Zum guten Glück badet der Beagle nicht.

Nebenbei laufen in dieser Saison die Prüfungen, man wird ausgesprochen kreativ, denn dauernd Mc Verpflegung ist auch nicht so der Brüller, also backt man morgens um 2 Uhr noch Schokobrötchen und Zopf, obligatorisch ist ein Weidenkörbchen, gefüllt mit Haushaltsgegenständen. Sobald nämlich der Prüfungsirrsinn vorbei ist, geht es nahtlos weiter in die Rehjagdzeit. Dazu schleppt man den halben Hausstand (Tisch, Stühle, Küchenartikel, Wein, Wasser, Kochzutaten, etc.) in den Wald, schliesslich möchte man es warm und puschelig haben.

Wir fahren mittlerweile mit zwei Autos, schliesslich sind ja auch alle Hunde nun beteiligt und brauchen ebenfalls ihr nicht zu verachtendes Equipment, man ist den ganzen Tag unterwegs, aber nur moderat schmutzig. Der Haushalt kommt schon ein bisschen zu kurz, aber da Sonntags jagdfrei ist, kann man den Tag bestens nutzen.

Auf die Rehjagd folgt hingegen der haushalterische Supergau.

Drückjagd.

Es ist alles nass, alles ist schmutzig, Waschkeller?

Scheissegal, alle sind müde, haben Hunger, wollen in die Wanne/ins Bett/aufs Sofa/aufs Schaffell (am allerliebsten noch mit Schweiss an der Backe...), Haushalt? Was war das noch gleich?

Man findet also den halben Wald auf dem Flurboden wieder, diverse Gegenstände, Waffen, Munition, Wechselklamotte, Durchgehklamotte (nass und durchgeschwitzt, wird aber aus Gore-Tex-Gründen erst am Ende der Saison gewaschen), Hundeklamotte, Messer, Saufänger und das Ganze in doppelter Ausführung fliegen durch die Wohnung, gewaschen hat schon länger keiner mehr: "Schatz, kann ich heute deine Unterhose tragen?" .... Die Katastrophe schlechthin.

Das Ganze gipfelt dann kurz aber heftig im Dezember, um sich mit der Entenjagd, der Fuchsjagd und der Saujagd im Schnee abzuwechseln. Alles Jagdarten, die ein Maximum an Klamotte und ein Maximum an Zeit erfordern, die beim Haushalt einfach eingespart wird.

Zum Glück habe ich Freitag Nachmittags frei. Mein Putztag, oder besser: mein Katatrophenverhinderungstag.