Der Deutsch-Drahthaar

Aus Deutschland kommen einige der kontinentalen Vorstehhunderassen. Darunter der Deutsch Drahthaar, der Deutsch Langhaar, der Deutsch Kurzhaar, der Weimaraner (kurz und langhaarig), der kleine und der grosse Münsterländer, Pudelpointer, Deutsch-Stichelhaar und wie sich nicht so alle heissen. Ein scheinbar riesiges Chaos, von dem manche Rassen manchmal schwer von einer anderen zu unterscheiden sind. Ich habe zB immer Probleme mit der Unterscheidung zwischen Deutsch-Stichelhaar und Deutsch Drahthaar.

(mehr auch hier nachzulesen...)

Aber wie dem auch sei, ich möchte in diesem kleinen Beitrag gern den Deutsch-Drahthaar als Jagdhundrasse genauer beleuchten und vorstellen. Er ist neben dem Dackel wohl DER deutsche Jagdhund. Dabei gibt es ihn noch gar nicht so lang, erst Ende des 19. Jahrhundert wurde aus dem Griffon Korthals, dem Deutsch-Stichelhaar und dem Pudelpointer entstanden, ein wenig Deutsch-Kurzhaar soll auch mitgespielt haben, vielleicht noch mehr, man weiss es nicht so ganz genau (oder ich konnte es nicht herausfinden). Das Ziel war ein leistungsstarker, wesensfester und vorallem vielseitiger Jagdgebrauchshund. Kennzeichnend ist sein drahtiges Deckhaar und der charakteristische Bart, den aber nicht alle DD (so werden Deutsch-Drahthaar in der Jägersprache abgekürzt) haben. Es gibt durchaus noch Schläge, wo hin und wieder kurzhaarige, bartlose DD auftauchen. Die typische Drahtifarbe ist braunschimmel, also braun mit weissen/braunweissen Tupfen/einzelnen weissen Haaren, aber es gibt sie auch in schwarzschimmel, schwarz und braun. Die Farbe ist nicht zuchtbestimmend, obwohl, so habe ich es jedenfalls einmal gehört, früher die braunschimmel Hunde bevorzugt wurden.

Was ist denn typisch Drahthaar?

Der Drahti ist ein Vollblutjagdhund, ich kenne nur ganz, ganz wenige, die in Nichtjägerhand sind und bei dieser Rasse ist das in meinen Augen auch genau richtig so. Der Drahthaar möchte jagen, am Liebsten immer. Ausserdem empfinde ich den Drahthaar als den am durchgängigsten scharfen Jagdhund. Er wird konsequent auf Wildschärfe gezogen, damit muss man als Besitzer umgehen können. Es ist nicht jedem das Verhandlungsgeschick gegeben mit den Nachbarn zu diskutieren, wenn der Bart eine Katze im eigenen Garten getötet hat. Der wird nämlich keine Gefangenen machen. Obwohl er ein wirklich scharfer Jagdhund ist, ist er zu seinen Besitzern und besonders zu Kindern ein unglaublich freundlicher, liebevoller, sehr anhänglicher Hund. Meine Drahtine liegt den ganzen Tag neben mir in der Schule, bespasst meine Schüler oder liegt auch neben mir in der Uni, sie liebt fremde Personen, freut sich über Besuch, wo unser Weimaraner durchaus die Stimme erhebt oder skeptisch guckt. Sie wedelt stets freundlich und freut sich, wenn sie jemand streichelt.

Der DD ist nach wie vor eine der Rasse, deren Welpenzahlen konstant hoch sind, die Nachfrage ist immer noch da, obwohl es für viele dieser Vorstehhunde wahrscheinlich nicht mehr in die Reviere geht, für die sie einmal gezüchtet wurden. Durch seine Anpassungsfähigkeit und seinen Willen zu jagen, kann der Drahthaar aber für viele Jäger der passende Hund sein, wenn er sich seiner Aufgabe bewusst ist.

Hat man sich als Jäger nun für einen DD entschieden, wird man von einem seriösen Züchter sicherlich gebeten doch die Zucht- und Gebrauchsprüfungen anzustreben. Dazu gehören die Jugendsuche (VJP) die Herbstzuchtprüfung (HZP) und später die Meisterprüfung der Vorstehhunde, die VGP. Die besten HZP Hunde, die auch die Formwerte voll erfüllen, dürfen an der sogenannten Hegewaldprüfung teilnehmen, quasi die Meisterschaft der Junghunde (es ist eine Prüfung, die der HZP ähnlich ist). Was bei den einzelnen Prüfungen genau abgefragt wird, habe ich zum Teil in einem anderen Artikel auf unserem Blog erklärt. Ganz allgemein lässt sich sagen, dass man mit diesen Prüfungen den Werdegang des jungen Hundes und seines Hundeführers bis zum firmen Jagdhund verfolgen kann. Allerdings, das muss auch klar sein, sind dies bloss Abbilder einzelner Tage. Ein Hund, der zB nur sehr selten am Wasser üben kann, wird mit grösster Wahrscheinlichkeit keine Topresultate am Wasser zeigen, genauso wie ich mit meiner Drahtihündin praktisch nie ernsthafte Nachsuchen mache und wir damit einfach ein mieses Team auf Schweiss sind.

Wer der Jagd nicht so zugetan ist, wird auf den ersten Blick nicht erkennen, warum es sinnvoll ist, so viele Vorstehhunderassen zu haben, aber jede kann ein Fach ein bisschen besser, als eine andere und schlussendlich ist es natürlich auch der Anspruch des Reviers, aber auch die Vorliebe des Besitzers für die eine oder andere Vorstehhunderasse. Bei unseren beiden Vorstehhunden würde ich es als typisch bezeichnen, dass meine Hündin eher eine schlechte Vorstehhündin ist, sie liebt zwar weite Feldsuchen, hat aber manchmal nicht die Geduld durchzustehen, was mich viel Arbeit und Mühe gekostet hat. Unser Weimaraner geht dafür in den Suchen nicht so weit, bleibt enger beim Führer und hat die Geduld durchzustehen. Er ist auch viel geduldiger und hat viel mehr Freude an Schweissarbeit, wohingegen sich meine Drahthaarhündin immer in die Fluten wirft. Egal ob +30 oder -10 Grad draussen sind. Es muss auch nicht unbedingt eine Ente im Teich schwimmen, sie stöbert wahnsinnig gern durchs Schilf oder schwimmt einfach ein paar Runden, im Revier haben wir einen eingezäunten Hundeweiher, in dem sie praktisch den gesamten Sommer verbringt. Irgendwann wachsen ihr Schwimmhäute und Kiemen. Sie ist eher die Hündin fürs Grobe, Prügelei, Blödsinn, manchmal recht kopflose Aktionen sind eindeutig ihr Ding, der Weimaraner schaltet vorher noch kurz den Kopf ein. Sie lässt sich zu fast jedem Blödsinn motivieren, wenn es um Jagd geht. Anderen Hundesport findet sie, mit Ausnahme von Canicross und das auch nur Frauchen zu Liebe, völlig überflüssig.

Der Drahthaar ist ein Hund, der „durch Leistung zum Typ“ kommt, das ist der Anspruch des Vereins Deutsch Drahthaar und das merkt man jedem Hund, der aus diesem Verein kommt, auch an. Nachdem meine Drahthaarhündin verstanden hat, wie genial es ist, wenn wir als Team agieren, kann ich mich auf der Jagd vollkommen auf sie verlassen. War ich vor ihrem Einzug dem DD gegenüber sehr skeptisch eingestellt, so kann ich mir heute nicht mehr vorstellen, mit einer anderen Rasse zu jagen. Der Drahthaar ist für mich einfach DER Hund geworden. Ausserdem steckt nur meine Drahtine einen echten Zusammenschiss von mir mit einem Schulterzucken weg, der Weimaraner macht sich danach meist erstmal eine Stunde ganz klein. Ich mag diese Nonchalance dieser Hunde, auch wenn man ihnen durchaus manchmal den Marsch blasen muss.

Ich möchte betonen, dass dies ein sehr subjektives Rasseportrait ist, ich habe noch keine hundert Drahthaar geführt, sondern nur einen. Und der wurde mir auch noch geschenkt. Ausführungen und Verbesserungen nehme ich gern vor

Und wie immer gilt: Nur, weil mein Drahti und sein Weimaraner so sind, muss das nicht heissen, dass alle so sind. Trotzdem habe ich versucht ein ehrliches Kurzportrait zu verfassen.

Eure Alica