Jagd im Entlebuch

Am Dienstag waren Andi und ich im Entlebuch zur Jagd eingeladen.
Bei schönstem Sonnenschein bezogen wir am morgen die ersten uns zugewiesenen Stände. Bereits beim Angehen unserer Stände, die sich nur gute 100m auseinander befanden, sahen wir Gamswild, das gemütlich auf der Wiese äste. Es handelte sich um eine Schar von einer Geiss und fünf Kitzen. Da nur Jährlinge und junge Böcke frei waren, liesen wir die Gämse in Ruhe weiteräsen und bezogen unsere Stände.

Während des rund zweistündigen Treiben wurden die Wolken immer dichter, ehe es kurz vor dem Mittag zu regnen begann.
Im ersten Treiben am morgen sah Andi auf gut 60m ein einzelnes Stück Rehwild, konnte es aber selbstverständlich mit Schrot nicht erlegen, da die Distanz zu gross war. Auf meinem Stand hatte ich leider keinen Anblick.

Nach einer warmen Suppe am Mittag wurde zum zweiten Treiben geblasen. Diesmal waren unsere Stände weiter auseinander. Andi hatte leider keinen Anblick, doch was sich bei mir zeigte, werde ich wohl nie mehr vergessen:

Kurz nachdem der Treiber die Hunde geschnallt hatte hörte ich Hundegeläut. ,,Achtong Gemsch" schrie der Treiber, mein Herzschlag wurde schneller und intensiver. Tatsächlich sah ich eine einzelne Gams auf gut 70m über eine kleine Schneise wechseln ehe sie im Bestand verhoffte. Auf dem Zielstock aufgelegt und das Zielfernrohr auf 6fach hochgeschraubt, versuchte ich die Gams anzusprechen. Diese zeigte mir aber nur das Blatt, weder an den Krucken noch am Pinsel konnte ich sie ansprechen. So blieb die Kugel meines Drillings im Lauf.

Eine halbe Stunde später sah ich am Gegenhang auf 150m erneut eine Gams in meine Richtung einwechseln. Ich liess sie kommen und plötzlich stand sie da auf 40m vor mir. Langsam über Zielstock und Zielfernrohr angesprochen: Geiss, eindeutig. Kein Pinsel und schwach gehakelte Krucken...
Als ob sie es gewusst hätte, dass sie nichts zu befürchten hat, zog sie langsam 180° um mich herum und blieb SECHS mal zwischen 40-70m Blatt stehen       ehe sie über den Horizont verschwand.
Was ein Erlebnis!

Doch keine fünf Minuten später sah ich exakt auf dem selben Wechsel erneut eine einzelne Gams einwechseln. Diesmal versuchte ich schon eher anzusprechen, als die Gams noch im Gegenhang war. Es war eine einzelne schwere Gams mit gut gehakelten Krucken, könnte ein Bock sein...
Plötzlich tauchte die Gams hochflüchtig in der Freifläche auf und wechselte direkt auf mich zu... sofort habe ich das Zielfernrohr auf 1.5fach runtergedreht, den Drilling entsichert und die Kugel gespannt. Die Gams wechselte keine 10 Meter an mir vorbei und verhoffte auf 50 Meter wieder. Kein Pinsel, Krucken über Lauscher hoch... auch da blieb die Kugel im Lauf und die Gams zog weiter.
Ich drehte mich um und sah den Grund wieso die Gams hochflüchtig auf mich zukam. Wie aus dem nichts flüchtete ein Kitzbock (Rehwild) auf dem selben Wechsel direkt auf mich zu. Langsam entspannte ich die Kugel und lies ihn an mir vorbeiziehen. Auf 12 Meter konnte ich ihm dann einen sauberen Schuss auf den Träger antragen und die Schrote liessen ihn sofort verenden.

Am Ende dieses wunderschönen Jagdtages - trotz Regen - lagen fünf Stück Rehwild und ein junger Gamsbock auf der Strecke.

Weidmannsheil           
euer Jerry