Was für eine Nacht

Nach dem Eindunkeln treffe ich mich am Samstag Abend am vereinbarten Treffpunkt mit meinem Jagdkameraden.

„Heute liegt eine Wildschwein!“ begrüsst mich dieser fröhlich.

Nach einigen Nächten mit Anblick auf Wildschweine - jedoch ohne Jagdglück - kann er es kaum erwarten, dass wir wieder einmal über eine erfolgreiche Nachtjagd auf die schlauen Wildschweine berichten können.

Und auch ich habe bei den heutigen Bedingungen ein gutes Gefühl.

Es herrscht gerade ein starker böiger Wind, der immer wieder grosse Wolkenfelder heranträgt… die vorbei huschenden Wolken verdecken zum Glück häufig den hell leuchtenden Vollmond.

Mein Kamerad scannt mit der Test-Wärmebildkamera (siehe Test-Bericht) wie üblich schon mal den vor uns liegenden Hügelhang, während ich mich erstmal für die bevorstehende Jagd mit der Ausrüstung bereit mache.

Laufend meldet er mir:

„Rinder… Fuchs… Katze… nochmals Rinder… drei Rehe…“

Dann:

"Hmm… du schau mal da oben… das kann ich nicht einordnen.“

Ich schaue mit der eigenen Wärmebild nach dem genannten Ort. Weit oben im Hang, nicht weit vom Waldrand entfernt, sind sechs helle Punkte unter einem Baum auszumachen!

„Sorry, kann ich ebenfalls noch nicht richtig einschätzen!“ muss ich eingestehen.

Ich nehme das Gewehr mit dem Zielfernrohr von Pulsar, da dieses über die weit bessere Auflösung und Bildgebung verfügt.

„Also… das sieht für mich wie Sauen aus!“

Da bilden die nun dunklen Punkte (das Zielfernrohr ist mit „black hot“ eingestellt) eine nach links ziehende Reihe… sofort ist mir klar:

Das müssen Sauen sein! Und teile das meinem Kameraden mit.

Nun schaue ich mir das Gelände und die Situation an…

Mist! Der Wind kommt von links nach rechts.

Wenn die Sauen nach links ziehen, dann kann ich sie nicht von links her angehen und auf sie warten… ich müsste ihnen nachlaufen.

„Du, jetzt laufen sie nach rechts!“ meldet der weiter beobachtende Kamerad.

Kurzes Nachprüfen… tatsächlich, in einer Linie rechts schräg hoch… schnell einen Plan entworfen und schon sind wir mit dem Auto unterwegs zu einem Bauernhof, der auf halber Strecke liegt. Dass ein Auto zum Hof fährt und dort anhält, ist für die Wildtiere meist kein Problem. Im Revier rumfahren und dann anhalten hingegen schon.

Den Zielstock nicht vergessen und schon haste ich den Hang zum vereinbarten Treffpunkt mit dem Wildschweinen hoch.

Ob sie den Termin einhalten?

Ich möchte mich jedenfalls nicht verspäten.

So höflich und respektvoll will ich dann schon sein…

Wobei „hasten“ natürlich die falsche Wortwahl ist!

So leise und ruhig wie möglich, sowie alle paar Schritte mit der Kamera das vor mir liegende Gebiet absuchend, versuche ich mich schnell vorwärts zu bewegen. Auf Asphalt zunächst kein Problem, sobald jedoch der unbefestigte Weg erreicht ist, wird es sehr schwierig und das Tempo reduziert sich auf das einer rennenden Schnecke.

Vor der Hecke, die mein eigentliches Ziel darstellt, entdecke ich vier ruhig äsende Rehe…

Mist, da wollte ich eigentlich hin und auf die Sauen warten…

also Planänderung…

vorbei an den Rehen auf die andere Seite der Hecke…

hoffentlich schrecken die Rehe nicht und verjagen mir damit die Sauen!

Schon bin ich im Schatten und an ihnen vorbei. Misstrauisch haben sie zwar zu mir rüber geäugt, haben sich aber zum Glück nicht stören lassen. Sie merkten wohl, dass es mir um die Sauen ging…

und die machen ihnen ja schliesslich ihre geliebten Wiesen kaputt!!

Also nur zu, scheinen sie zu denken…

So, das ist geschafft, wo aber sind die Sauen?

Nun denn, erstmal weiter den Hang hoch… weiter vorne ist ein Durchbruch in der Hecke, von wo ich die Rotte vielleicht erblicken kann.

Da, ein heller Punkt zwischen den Ästen der Hecke!

Noch langsamer als zuvor schleiche ich nun zu dem Durchbruch vor und baue dort leise den dreibeinigen Zielstock auf.

Tatsächlich, da kommt ein Wildschwein!

Keine 50 Meter weg…

Nun ein zweites und da eine riesige Sau!

So will es mir zumindest scheinen… das muss die Leitbache sein!

Was für eine herrliche Position ich hier habe, werde ich mir bewusst… ich stehe im Schatten eines Baumes, der Wind weht perfekt von den Sauen weg und ich bin super gedeckt von der Hecke und dem Bodenbewuchs… dies gilt es zu nutzen!

Ich beobachte die Wildschweine wie sie auf der Wiese ruhig brechen und versuche mit dem Zielfernrohr eines der kleineren Stücke zu erfassen.

Zunächst sind sie einige Minuten lang teilweise von einer Bodenwelle sowie von Ästen der Hecke verdeckt, doch dann steht ein Stück frei und ich lasse die Kugel fliegen!

Ein kurzes Quietschen… fünf Wildschweine sehe ich nach rechts den Hang hoch davon rasen, kurz anhalten und schliesslich im Wald verschwinden.

Das sechste muss also liegen, auch wenn ich es von meinem Standpunkt aus gerade nicht erblicken kann.

Nach ein paar Schritten den Hang hoch kann ich es aber mit meiner Wärmebildkamera gut am Boden liegen sehen.

Erleichterung macht sich zunächst in mir breit, unmittelbar gefolgt von grosser Freude über die erfolgreiche Jagd!

Zusammen mit dem bis über beide Ohren strahlenden Jagdkameraden berge und versorge ich anschliessend die Frischlings-Bache, die aufgebrochen gerade mal 20 Kilo wog.

 

Was für eine Nacht, in der einfach alles passte!

Waidmannsheil